In der Wittichenauer Pfarrkirche ist am Abend des 30. September der restaurierte Rosenkranzaltar mit einer festlichen Abendandacht wieder eingeweiht worden. Seit Anfang diesen Jahres hatten zeitweise bis zu vier Restauratoren daran gearbeitet, dem fast 500 Jahre alten Altar seinen früheren Glanz zurückzugeben. Insbesondere für das Renaissancebild des Altares hatte Handlungsbedarf bestanden. Die Restauratoren sahen das Gemälde aufgrund zahlreicher Farbabhebungen und Absprengungen als „sehr gefährdet“ an.
Die Restaurierungsarbeiten gestalteten sich jedoch aufwändiger als angenommen. Weshalb der Fertigstellungstermin im Mai nicht zu halten gewesen war. Die größte Herausforderung bestand für Barbara Friedrich, die Leiterin der Restaurierungsarbeiten, darin, die originale Farbigkeit des Altargemäldes wiederherzustellen. Das Bild zeigt Maria mit dem Jesuskind auf dem Arm, die dem heiligen Dominikus und der heiligen Katharina von Siena Gebetsketten reichen. Die Farbfassung sei in desolatem Zustand gewesen und musste zuerst ganzflächig gefestigt werden. „In den einfarbigen Himmelsbereichen fehlten große Partien. Dort habe ich viel retuschieren müssen“, berichtet Friedrich.
Viel Arbeit bereitete ihrem Team außerdem die Entwicklung eines neuen Farbkonzepts für das Altargehäuse. Es sollte seine barocke Farbgebung zurückerhalten. Schon im Juli 2014 begann Barbara Friedrich zu recherchieren. Später nahm sie Proben am Wittichenauer Rosenkranzaltar, versuchte frühere Farbfassungen freizulegen und stellte Vergleiche mit ähnlichen Altären an. Um an die unterste Farbschicht zu gelangen, hatten die Restauratoren neue Untersuchungsmethoden entwickeln müssen. Denn erste Proben zerbröselten. Von ihren Funden wurden sie schließlich selbst noch überrascht. Was sie zunächst als mattes Gold auf Ranken und Girlanden interpretierten, stellte sich nach näherer Untersuchung als Grünton heraus.
An das neue Erscheinungsbild des Altares werden sich die Wittichenauer nun noch gewöhnen müssen. Die auffälligste Veränderung: ebene Flächen des Altargehäuses, die zuvor in schmutzigem Braun gestaltet waren, leuchten jetzt in marmoriertem Weiß. „Damit hatten viele Gemeindemitglieder anfangs ihre Probleme“, erzählt Barbara Friedrich. Auf dem Weiß setzen sich die frisch vergoldeten Schmuckelemente nun besser ab. Friedrich räumt ein, dass der Altar damit aus der Gesamtgestaltung der Pfarrkirche herausfalle. Doch in einer Kirche, in der Kunstwerke so vieler unterschiedlicher Epochen versammelt seien, dürfe das so sein. Ein einheitliches Farbkonzept, wie es bei der Kirchenrenovierung 1933/34 umgesetzt worden war, werde der Geschichte der Kunstgegenstände nicht gerecht.
Eine fünfstellige Summe haben die Restaurierungsarbeiten gekostet. Die Ostdeutsche Sparkassenstiftung und die Ostsächsische Sparkasse Dresden finanzierten zwei Drittel. Den Rest brachte die Gemeinde durch Spenden auf. „Das Projekt war noch nicht einmal beschlossen, da gingen bei uns schon die ersten Spenden ein“, berichtet Peter Scholze, Mitglied im Kirchenvorstand. Beinah wöchentlich kamen neue Spenden dazu. Das dürfte mit der besonderen Bedeutung des Altares für die Gemeinde zusammenhängen. Der Rosenkranzaltar ist eng mit der 1672 gegründeten Rosenkranzbruderschaft verbunden. Dieser Wittichenauer Gebetsgemeinschaft gehören heute noch 51 Christen an. Das Gründungsbuch der Bruderschaft konnte in den vergangenen Wochen ebenfalls restauriert werden. Altar und Buch seien „Zeugnisse eines bis heute lebendigen Glaubens“, erklärt Peter Scholze. Der Gemeindevertreter wünscht sich, dass „die nun neu wiederhergestellten Zeichen der Verehrung der Gottesmutter uns und unseren Nachkommen eine Stärkung im Glauben sind“.
Im Werk der Restauratorin Barbara Friedrich nimmt der Wittichenauer Rosenkranzaltar nun ebenfalls einen hohen Stellenwert ein. „Dessen Restaurierung ist die Krönung meines Schaffens – nicht nur wegen seines Wertes, sondern auch wegen der Arbeitsatmosphäre in Wittichenau und dem schönen Abschluss.“ Die lebhafte Anteilnahme, das große Vertrauen, das sie genossen habe, das warmherzige Entgegenkommen habe die Dresdnerin gern in dem katholischen Städtchen arbeiten lassen. Sie wird wiederkommen. Am Altar sind noch letzte Detailarbeiten zu erledigen.
Dieser Bericht erschien am 4. Oktober 2016 zuerst in der Sächsischen Zeitung. Die Veröffentlichung auf unserer Website erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Autors, Martin Kliemank.